Unser Zuchtziel
Das wollte ich eigentlich nie: Zuchtziele formulieren. Wer ist man schon
als ganz kleiner Züchter. Und ein großer werden, das wollte
ich auch nie. Die kompromisslose Verfolgung eines Zuchtzieles bedeutet:
* jedes Tier, das nicht 100% überzeugt in Pedigree, Vererbung,
makelosem Äußeren aus der Zucht nehmen und verkaufen
* ergo ständige Neukäufe
* häufiges Fremddecken - Stress für die Katzen
* sein Herz blos nicht an irgend ein Tier hängen
* Stress unter den Katzen in Kauf nehmen
* Einschleppen von Infektionskrankheiten in Kauf nehmen
* kaum eine Chance, einen sicher HCM-freien Bestand aufzubauen.
Das kann und will ich alles nicht. Also machen wir die Kompromissvariante:
* alle einmal erworbenen Katzen, die keine garvierenden Fehler haben
(das wären für mich vor allem ernste Gesundheitsprobleme, die
erblich sind) bleiben in der Zucht und bleiben auch als Kastraten bei
uns
* Fremddeckung wird nur genutzt, wenn es ganz unvermeidlich ist
* Neuerwerbungen werden aber sehr sorgfältig geplant, so dass der
zweite Schritt möglich ist
Warum jetzt doch ein Zuchtziel?
Ich beobachte die Entwicklung der Sibirierzucht mit großem Missfallen.
Haben wir nicht eine Robustrasse, die aus langhaarigen Hauskatzen
einer bestimmten geografischen Herkunft entstand?
Man möchte daran zweifeln, sieht man sich die Entwicklung an. In
den Gruppen auf Facebook posten Züchter eifrig ihre Zuchterfolge.
Zunehmend sind es ausgesprochen süße Tiere mit extrem viel
fluffigem Fell schon im Babyalter. Voluminöse Schnauzen mit dicken
Schnurrhaarkissen gehören oft dazu. Profile werden immer stärker
eingesattelt, Stirnen immer gewölbter, und Nasen immer kürzer
und stupziger. "Besser geht's nicht", oder von heftigem Richterlob
kann man neben diesen Bildern lesen. Und der "gefällt-mir-Button
wird eifrig genutzt. Offensichtlich gefällt dieser Perserlike-Typ
vielen besser, als der traditionelle Typ.
Auf einer Russischen Züchterseite fand ich folgendes: "Früher
war das Verhältnis von Nasenbreite zu Nasenlänge 1:3. Heute
ist das Verhältnis 1: 1,5 bis 2." Dieser Satz stand dort als
Feststellung, nicht als Kritik. Aber den Perser gibt es schon. Beim Persertyp
der 50-ziger Jahre sind viele Sibirier bereits angekommen.
Durch Überinterpretation des Rassestandards ist nicht nur die Perserkatze
pervertiert. Ganz das Gleiche gibt es bei viele Hunderassen und sogar
beim Araberpferd, dessen Köpfe heute dem Barbypferdchen Konkurrenz
machen.
Solche Zuchtentgleisungen sind generell bedenklich. Wir aber züchten
eine Naturrasse. Das bedeutet: Wir haben eine Erhaltungszucht.
Die Erscheinung sollte also dem entsprechen, was wir vorgefunden haben.
Mit viele heftig geliketen Perserverschnitten macht sich die Sibirier-Zucht
als Naturrasse bereits lächerlich.
"Trassenkatze" aufgenommen ca. 1984 südöstlich
des Ural.
Foto: Uli Bischoff
Immer mal einen Blick zurück auf die Dorf-
und Straßenkatzen des Sowjetteritoriums zu werfen, kann nicht
schaden.
Welche Farben sind normal für eine Hauskatze? Dabei darf man auch
ruhig unsere eigene Hauskatzenpopulation zum Vergleich heranziehen. Auch
die im Internet gesammelten Fotos, russischer Hauskatzen sind aufschlussreich:
* Hauskatzen sind meist black- bzw. brown-tabby mit und ohne weiß
* auch rot ist nicht selten
* nonagouti, also schwarze Katzen mit und ohne weiß sind häufig
* selbst rein weiße Katzen kommen gelegentlich vor
* Verdünnung, also blau und creme ist zumindest in Deutschland sehr
selten, in Russland aber in manchen Gegenden recht häufib. Bereits
dem Forscher Raddefielen in der Gegend um Tjumen bereits vor über
100 Jahren blaue "Angorakatzen" auf. Warum fielen sie ihm auf?
Weil blaue Katzen eben international eine Rarität waren und entsprechend
gesucht für die Pelzindustrie. Eben deshalb stürzte sich später
die Rassekatzenzucht auf die Vermehrung solcher Raritäten. Russland
scheint neben Frankreich ein Ursrungsland der Verdünnungsmutation
zu sein.
* Silber kommt bei Hauskatzen kaum, golden offenbar gar nicht vor, weder
bei uns noch in Russland. Jedenfalls habe ich bei der Internetrecherche
nach russischen Straßenkatzen keine gefunden (nur einmal smoke)
und auch bei uns noch nie eine solche gesehen. Man wird fragen dürfen,
woher die vielen silbernen und erst recht vor allem die goldenen Sibirier
ihre Farbe haben.
Nur mal erwähnt:
Eine Bekannte züchtet Britisch Langhaar in Golden und Silber. Sie
hat zwei wunderschöne Zuchtkätzinnen - importiert aus Russland.
Jedenfalls gibt es speziell für die Golden-Zucht nicht mal eine
Handvoll Linienbegründer. Deshalb führt die gegenwärtig
in Mode gekommene Farbzucht zu hohen Inzuchtkoeffizienten, genetischer
Verarmung und Festigung eines speziellen Typs der deutlich vom Original
abweicht.
* point kommt, zumindest in Deutschland, bei Hauskatzen nicht vor. Ob
es in Russland vorkommt, darüber streiten sich die Züchter.
Typisch ist point sicher auch dort nicht. Allerdings finden sich (im Gegensatz
zu gold!) immer wieder Fotos und filmische Belege, für Pointkatzen,
auch weit abseits der großen Städte. Das Argument, die seien
erst in allerjüngster Zeit durch die aufkommenden Importe pointfarbener
Rassekatzen eingesickert, ist nicht stichhaltig. Warum gibt es unter unseren
Hauskatzen nicht mal gelegentlich pointfarbene, obgleich bei uns doch
ungleich länger schon alle möglichen Pointkatzen gezüchtet
und gehalten werden? Warum finden sich Fotos von Point-Katzen selbst aus
abgelegenen, ländlichen Gebieten in Russland auch schon in der Vor-Wendezeit?
* Trotzdem stimmt der Boom der Nevas in Russland mit immer neuen, meist
üppigst beharrten, "Foundations" doch nachdenklich. Es
gibt Anzeichen dafür, dass über einzelne dieser Foundations,
geboren in der Zeit nach der Wende, die chocolate-Mutation eingesickert
ist. Man wird fragen dürfen, aus welchen Quellen diese Tiere rekrutiert
wurden.
Natürlich hat es seinen guten Grund, dass in Russland ganz besonders
exotische Farben züchterisch bevorzugt (wenn nicht gar durch "Besäumen
der Ohren" erzeugt) werden. Jeder Züchter kann auf Dauer nur
das züchten, was sich auch verkaufen lässt. Und das ist in Russland
eben nicht die black-tabby, die man auch umsonst oder für kleines
Handgeld auf jedem Markt bekommen kann, sondern die seltenen Neva und
Silbernen und die gar nicht zu findende Golden. Point ist selten und Langhaar
auch nicht die Regel. Beides vererbt sich rezessiv, so dass unter den
Hauskatzen eben so ein Zufallstreffer Point-Langhaar, Neva Masquarade
genannt, extrem selten und damit begehrenswert, ist.
Auffällig ist auch, dass langjährige Richer, besonders solche
russischer Herkunft immer häufiger Augenschnitt und Stellung bemängeln,
selbst bei Russlandimporten. Perserhafter Augenschnitt oder enge Stellung,
die an Briten erinnert, sind nicht selten.
Unter dem Strich ist es fast egal, ob diese Entwicklungen mit unerlaubten
Einkreuzungen forciert wurden, oder lediglich Selektionserfolge sind.
Eine Naturrasse sollte bewahrt und nicht verändert werden.
Standard/Bilder zum Standard
Also hier ist es - mein Zuchtziel:
* Zucht Sibirischer Katzen im typischen Waldkatzenlook mit der dazugehörigen
Felltextur. Ich möchte Katzen, die so aussehen, wie die russischen
Dorf- und Straßenkatzen.
Deshalb achte ich bei Neuerwerbungen sehr auf die Linien, bevorzuge Katzen,
deren Pedigrees auf die Gründertiere der ersten Jahre zurückgehen
oder aus typtreuen Linien stammen. Das können durchaus auch mal neue
Foundation-Linien sein.
* Die Verselbständigung der Nevazucht, hin zu immer perserähnlicheren
Typen lehne ich ab.
* Deshalb züchte ich bevorzugt mit Pointträgern. Auch die Nevas
sollen in erster Linie typvolle Sibirische Katzen sein.
* Eine schöne Augenfarbe ist mir wichtig. Meine vollfarbigen Sibirier,
auch die torbies, sollen grüne Augen haben. Einmal, weil eine ordentliche
Hauskatze eben grüne Augen hat, zum anderen aber, weil nur grüne
Augen in Kombination mit point schöne blaue Augen bei den Nevanachkommen
möglich machen, während orangeäugige Partner die Augenfarbe
der Nevas verderben. Übrigens forderte der Standard anfangs ausschließlich
grüne Augen. Varianten in Richtung gelb sind noch ok für mich.
Aber leuchtend orangeäugige Katzen möchte ich nicht.
* Von der Zeichnung her habe ich eine Vorliebe für classic, obwohl
das in Kombination mit den Nevas eher ungünstig ist. Die auch bei
ihnen ja unterschwellig vorhandene stark kontrastierende Classic-Zeichnung
macht sich nachteilig in einer frühzeitig und stark nachdunkelnden
Fellfarbe bemerkbar. Ich persönlich finde das nicht schlimm. Ergibt
doch die nachdunkelnde Fellfarbe einen besonderen Wildlook. Die häufigste
Zeichnung bei russischen Hauskatzen ist aber mit Abstand ein eher undeutliches
mackerel-tabby, so, wie es auch unser Peter zeigt. Auch diese Zeichnung
ist mir deshalb willkommen, egal ob Richter das kritisieren.
* Inzucht und auch starke Linienzucht betrachte ich zur Verwirklichung
dieser Ziele nicht als geeignete Zuchtverfahren. Unsere Naturrasse hat
gegenüber Kunstrassen den großen Vorteil, einer breiten genetischen
Basis, welche noch immer durch Foundatins erweitert werden kann.
* Modelinien versuche ich, weitgehend zu meiden, ebenso Linien der Farbe
golden, vor allem wegen des hohen Inzuchtgrades der Gold-Zucht.
* Es versteht sich von selbst, dass Mischlingskatzen aus Somali/Birma
x Sibirische Katze, wie sie leider in Deutschland inzwischen von mehreren
Catterys gezüchtet und mit Stammbaum als Sibirische Katzen verkauft
werden, in unserer Zucht nichts verloren haben.
Punkte, die mir besonders wichtig sind:
Kopf:
- etwas länger als breit
- Schnauze abgerundet mit mäßig ausgeprägten Schnurrhaarkissen
- Augenfarbe: grün, in der Rotserie auch gelbgrün bis ocker
akzeptabel
- Augen: leicht mandelförmig, an der Unterseite leicht gerundet,
leicht schräg gestellt
- Ohren: mittelgroß, gerundete Spitze, gerne kleine Pinsel, eine
Ohrbreite Abstand
- Nase doppelt so lang wie breit, leichter konkaver Schwung am Übergang
von der Stirn zur Nase, Nasenrücken breit, Nasenspiegel
groß
Schwanz:
- gerne lang, reich behaart, an der Oberseite auch mit langem harten Deckhaar.
- Dieses darf gerne herunterhängen.
Fell:
- Sommerfell kurz, bis auf den Schwanz und ohne Unterwolle
- Winterfell mit deutlich abgestufter Länge:
- Kurz im Gesicht, eingerahmt von schönem Backenbart
- Ohren sehr hurz behaart, an der Basis länger, Innenehr mit Haarbüscheln
- gut ausgeprägte Halskrause
- kurz im Schulter-Wiederistbereich,
- auf dem Rücken langes, glänzendes Deckhaar, das fest im Griff
ist
- Fell an den Körperseiten etwas kürzer, weich und dicht
- Knickerbocker an den Hinterbeinen
- Beine und Pfoten kurz behaart. Lediglich an der Rüchseite der Beine
befedert
- Büschel zwischen den Zehen haben leider alle Langhaarkatzen
Was ich gar nicht will:
Kopf:
- Kopf breiter als lang
- fleischige, betont breite Schnauze
- kurze Stupsnase
- kleiner Nasenspiegel mit engen Nasenlöchern
- kullerrunde Augen
- orange oder kupferfarbene Augen, schon gar nicht bei black-tabby
- große Ohren mit riesigen Pinseln (zu coonig)
- kleine Mauseohren (perser- oder britenartig)
Schwanz:
- kurzer Schwanz (typisch für Perser u. besonders Briten)
Fell:
- zu lange, zu dichte, wattige Wolle ohne festeres Deckhaar
- mehr oder weniger überall lang auch an Schultern, Pfoten, im Gesicht
(persertypisch)
- Unterwolle auch im Sommer
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